Kein Licht, kein Strom, wir kommen schon …
… oder warum Elektriker manchmal schnell laufen müssen.
Normalerweise werden wir immer dann gerufen, wenn der Strom ausfällt. Aber es gibt auch Kunden, die uns rufen, um ihn abzustellen.
Eines Abends während der Fußball-WM, kurz vor Beginn des Spiels Deutschland gegen Brasilien: Wir werden von der Notdienstzentrale in eine kleine Wohnsiedlung mitten in Hamburg gerufen, um einem Bewohner, der sich unerlaubt an das Treppenhauslicht angeklemmt hat, den Strom abzuschalten. Der Mann hat seine Stromrechnung nicht bezahlt, will sich das Fußballspiel jedoch trotzdem nicht entgehen lassen.
Mäßig erfreut, rücken wir aus, um den Auftrag zu erledigen. Mittlerweile ist das Spiel in vollem Gange und wir tun, wie uns aufgetragen ist. Plötzlich geht die Tür der Wohnung auf und ein Schrank von einem Kerl erscheint im Treppenhaus, wo er uns mit dem abgeschnittenen Ende seines Kabels in der Hand vorfindet.
Seine Statur erinnert an die des großen Bruders von Sylvester Stallone und der Anker mit der barbusigen Nixe auf seinem Oberarm wächst zu beträchtlicher Größe, während sein Halsumfang deutlich anschwillt. Jubel in der Nachbarwohnung brandet auf: Das 2:0 für Deutschland. Mit Zornesröte im Gesicht – einer reifen Tomate nicht unähnlich – schreit der Schrank uns Schläge androhend an, wenn wir nicht unverzüglich dafür sorgen, ihm den Strom wieder einzuschalten.
Unsererseits besteht definitiv kein Diskussionsbedarf. Wir nehmen unsere Beine in die Hand und laufen – zum erneuten Jubel des 3:0 – gefühlt um unser Leben und zu unserem Fahrzeug. Seine Flüche verfolgen uns, werden aber, als wir mit quietschenden Reifen abfahren, vom kollektiven Torjubel zum 4:0 für Deutschland erstickt …